Wenn ich in der City unterwegs bin, habe ich auch immer eine Badehose, Schwimmbrille und ein kleines Handtuch im Rucksack. Denn es lohnt sich immer, kurz in den Newcastle Ocean Baths vorbeizuschauen. Ich bin da etwa drei bis vier mal pro Woche, davon mindestens einmal mit Vincent, während die anderen beim Badminton sind.

Allein der Weg zum Ocean Bath (so nennt man hier ein Schwimmbad, das mit Meerwasser gespeist wird) ist sensationell - und ich benutze solche Superlativen nicht oft: Mit dem Auto geht es am Nobby’s Beach (im Video die erste Einstellung) entlang am Meer zu einer Art-Deco-Gebäude aus den 1920ern. Das Bad wurde 1910 gebaut und die nächsten 12 Jahre bereits benutzt, bevor die Fassade und die Inneneinrichtungen installiert waren. Die ockergelbgrüne Art-Deco-Fassade trotzt noch immer stolz dem salzigen Wind. Vor etwa 20 Jahren wurde die Farbe nachgepinselt, das Innenleben mit den kargen Umkleidekabinen sind original erhalten.

Viel Fassade und dahinter ein wunderschönes Becken und das Meer.

Es gibt noch einen anderen Weg zum Bad - und zwar mit der Straßenbahn. Seit etwa einem Jahr fährt eine rote Straßenbahn durch die Innenstadt direkt zum Newcastle Beach (südlich davon ist das Bad). Ein Ticket kostet 2,25 Dollar (ca 1,50 Euro) und in der Straßenbahn gibt es extra Halterungen für Surfboards. Die Halterungen sind nicht zum Angeben, sondern weil die Menschen hier halt mit Surfbrettern zum Strand müssen. Newcastle ist halt auch eine geniale Surfer-Stadt.

Das Becken hat eine Breite von 50 Metern und eine Länge von 120 Metern. Der Charme des Bades ist die heruntergekommene Substanz. Hier ist es noch so wie vor über 100 Jahren. Wie auch beim Merewether Bad will die Stadt alles neu und hübsch machen - und trifft auf viele Menschen, die nicht nur das Gesicht der Bäder, sondern auch die Ausrichtung Newcastle als ehrliche, ungeschminkte Haut bewahren wollen.

Schwimmen in Meerwasser ist in Australien ein Allgemeingut. Und das soll auch so bleiben. Die Angst vieler Einwohner ist, dass die Bäder privatisiert werden und dann nicht nur schöne Restaurants und Cafes gebaut werden, sondern dass dann Eintritt verlangt wird und sich die Nutzung und die Gäste komplett ändern werden, das Bad hätte die Personality verloren. Gleiches gilt für das Merewether Ocean Bath und das Bogey Hole.

Und so grüßen wir Schwimmer uns wie alte Kameraden mit einem verschwörischen Nicken und hoffen, dass es einfach so bleibt und das Bad (und Newcastle) niemals von einer Touristenhorde entdeckt und alles hier kommerzialisiert wird.