Reiner Gärtner

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Feuerwalze

Extreme Dürre und Feuer: In Australien ist die höchste Feuerstufe ausgerufen worden - und wir hier in Newcastle sind mittendrin.

Reiner

4 Minuten Lesezeit

Feuerwalze

Seit wir in Australien sind, gehören die Dürre und Buschfeuer zum täglichen Programm - aber bisher nur im Fernsehen. Das Feuer schien weit weg zu sein, mehrere hundert Kilometer. Es spielte nur eine Rolle zwischen 19 und 19.30 Uhr. Als erste oder zweite News-Story. Vor drei Wochen war die Luft extrem rauchig. Von den Buschfeuern, die mehrere Hundert Kilometer entfernt loderten. Wir fühlten uns sicher. Nur der Rauch kratzte in den Lungen.

Vor zwei Wochen regnete es den ganzen Tag. Damals lachten wir als wir in den Nachrichten die „Top-Story” sahen: Landwirte schlugen voller Freude Räder und landeten jauchzend im roten Matsch. Eine Sondersendung, nur weil es regnet?

Jetzt verstehen wir es besser.

Das Feuer gleich nebenan

Denn das Feuer ist nah. Sehr nah. Das wurde uns am Samstag zum ersten Mal bewusst. Wir waren auf der wunderbaren Yuelarbah-Track im Glenrock Reserve unterwegs. Der Pfad schlängelte sich durch Eukalyptuswälder, an ausgetrockneten Wasserlöchern und nicht mehr fallenden Wasserfällen vorbei bis zur Glenrock-Lagoon und zum Meer. Herrlich. Eigentlich wollte ich heute darüber schreiben.

Glenrock Reserve

Wunderschönes Glenrock-Reserve

Wir bewunderten das Meer und schauten zurück zum Busch. Dahinter: eine riesige Feuerwolke. Wie weit war das Feuer wohl von uns weg? Ein paar Stunden später fanden wir heraus, dass es in etwa 10 Kilometer Entfernung brannte. In Toronto, gefühlt immer noch weit weg. Im Kopf ähnlich weit weg wie Kanada.

Ein Feuer in Toronto…

Irgendwann musste das Feuer ja kommen. Nördlich von uns ist bereits die Autobahn gesperrt. Im Bundesstaat New South Wales brennen gleichzeitig etwa 70 Feuer, davon sind fast ein Drittel noch - oder nicht mehr - unter Kontrolle. Etwa 1.500 Feuerwehrleute kämpfen Tag und Nacht. Wie lange sollen die das durchhalten? Wir haben noch nicht mal Sommer.

Überall Feuer

Und das sind keine Feuerchen, sondern gleich riesige Gebiete. Etwa 370.000 Hektar sind bereits verbrannt. Wenn ich richtig gerechnet habe, dann ist das etwa zehn Mal die Fläche von München.

Kritische Lage - und die Australier sind was gewohnt

Sind wir morgen dran? Die Australier sind Feuer gewohnt, aber in den letzten Tagen wurde der Ton in den Medien immer ernster und besorgniserregend. Demnach kann es morgen zum „Doomsday” werden. Für morgen wurde die Feuerstufe als “catastrophic” eingestuft. Das ist die höchste Stufe. Es soll etwa 38 Grad und sehr windig werden. In NSW werden morgen über 500 Schulen schließen, für die nächsten sieben Tage besteht offiziell Ausnahmezustand.

Feuerwalze in Newi

Was heißt das für uns? Wir wohnen direkt am Busch. „Direkt” heißt: hinter unserem Gartenzaun beginnt die Wildnis - mit Schlangen, Goannas, Possums und was weiß ich nicht alles. Ich habe unseren Nachbarn gefragt, ob es schon mal ein Feuer gab. Antwort: Immer wieder waren die Häuser vom Feuer bedroht, aber nur zwei Mal wurden sie evakuiert.

Der Busch hinter unserem Garten

Wenn das Auto mit dem Megafon kommt

Evakuierung: Wie läuft das? Fährt jemand mit einem Megafon herum oder klingelt an jeder Haustür? Er rät, eine der Feuer-Apps zu laden und den Fernseher anzuschalten. Mein Nachbar und seine Frau sind ziemlich besorgt. Beim letzten Mal hat ihr Sohn das Auto mit dem kompletten Kinderzimmer vollgestopft. Leider hatte er auch den Fahrer- und Beifahrersitz belegt. Das war nicht gut. Denn es war eilig. Unsere Nachbarn leben schon 30 Jahre im Haus. Sie haben schon Taschen gepackt. Vielleicht sollten wir auch…?

Heute Nachmittag bekamen wir von Lilias Schule eine Nachricht, dass morgen der Fernleigh-Track – das ist ein Fahrradweg, der durch Buschland führt – gesperrt ist. Der Track ist etwa ein Kilometer von uns entfernt. Fast noch besorgniserregender ist, dass westlich des Tracks unser „Busch” anfängt.

Vielleicht wird ja auch alles zu heiß gekocht

Lilia sagt, dass morgen vielleicht auch die Schule für alle Kinder in Jewells - da wohnen wir - ausfällt. Während ich das hier schreibe (Jolanda ist beim Turnen) höre ich von anderen Mamas, dass einige Schulen im Westen Newcastles auf jeden Fall geschlossen werden. “Better safe than sorry”, sagt man hier.

Wir haben keine Ahnung, was morgen ist; ob es alles zu heiß gekocht wurde oder ob wir dann mit Sack und Pack durch ein Feuerinferno unterwegs sind. Der Highway nach Sydney führt ebenfalls durch extrem trockenes Buschland und auch in Sydney ist allerhöchste Alarmstufe. Vielleicht ist es auch einfach ein Fehlalarm, wir kühlen uns den ganzen Tag im Swimming Pool oder am Meer ab und tun so als gäbe es die Dürre und das Feuerrisiko gar nicht. Ihr müsst Euch also keine Sorgen machen.

Eins ist klar: Beim nächsten Regen zeige ich hier auch ein Video mit ganz vielen Radschlägen. Wir haben es jetzt verstanden.

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