Novo One
Mein erstes in Newcastle gebackenes Brot mit Hefewasser und Sauerteig.
Wie nennt man die Einwohner von Städten? Echte Wangener sind „Wangemer” (wahrscheinlich, weil sich vor mehreren Hundert Jahren mal jemand verschrieben hat), in Sydney leben die „Sydneysider” und in Newcastle? Die nennen sich „Proud Novocastrians”.
Ja, die stolzen Newcastle-Leute mit einem lateinisch anmutenden Namen. Mein lebendes Latein-Dictionary ist gerade in Sydney. Also tippe ich mal: Die stolzen Bewohner eines neuen Schlosses, das mittlerweile gar nicht mehr so neu ist. 1797 setzte Lieutenant John Shortland britische Gefangene in der Gegend ab, um mit einfachen Schaufeln Kohle abzubauen. Kein Wunder, dass Newcastle viele Jahrzehnte (so bis 1822, als dann unbescholtene Siedler kamen) als „Hell Hole” (Teufelsloch) galt.
Ich weiß nicht wann, aber irgndwann gab es ein cleveres „Reframing” - aus der Hölle wurde ein Paradies. Zumindest für Bergarbeiter. „Im tiefen Osten, wo die Sonne verstaubt. Ist es besser - viel besser als man glaubt.” - 2300 Newcastle. Daraus entwickelte sich ein Lokalpatriotismus, den sonst im Land niemand verstand. Hauptsache die Kohle kommt. So entstehen Legenden. Man darf hier aber nur ein Proud Novocastrian sein, wenn man hier schon mindestens immer gelebt hat und wenn die Vorfahren ehrbare Siedler waren. Schon komisch: Jeder Australier sagt Dir, die Vorfahren waren Aufseher auf den Schiffen. Die insgesamt etwa 162.000 Gefangenen haben sich anscheinend gar nicht fortgepflanzt. Dabei waren auch Frauen dabei.
Wie auch immer. Wie leite ich jetzt über zu meinem Brot? Ach ja, der Name. Novo. Es ist ein Brot „baked in Newcastle”. Ein „Proud Novopanistrian”.
Die Not macht erfinderisch. Und da ich nun endlich wieder Brot mit einer harten, krachenden Kruste essen wollte, aktivierte ich gestern meinen Sauerteig und füllte noch etwas Kokoszucker in mein Hefewasser, dass sich seit ein paar Wochen im Kühlschrank langweilte.
Wir warten ja immer noch auf den Container und so musste ich hier ein wenig improvisieren. Große Schüssel? Habe ich noch nicht. Also rührte ich das Brot im großen Kochtopf an. Gärkörbchen? Fehlanzeige. Also ließ ich das Brot auf einem bemehlten Handtuch gären (klar, dass das Brot über die Zeit auseinander gelaufen ist und auch nicht richtig in die Pfanne wollte und dann auch noch ein kleiner Teil am Tuch festklebte - Katastrophe!). Pfanne? Ja, genau. Wir haben natürlich kein Schamottestein und Backpapier hatte ich auch nicht. Also kam wieder die weiße Keramikpfanne von meiner Schwiegermutter zu Einsatz. Die habe ich etwa eine halbe Stunde vorher im Ofen vorgeheizt.
Eigentlich gönne ich Broten gerne eine längere Reifezeit. Entweder über Nacht im Kühlschrank oder ich bereite am Vortag schon den Vorteig zu. Aber da ich noch keine gut verschließbare Schüssel hatte, enstand so in etwa 4 Stunden ein erstaunlich gutes Brot, das ich noch nicht mal schwaden konnte. Ich nenne es „Novo One”.
Das Novo One ist in der Nicht-Backmischungsliga wahrscheinlich das einfachste Brot der Welt. Und hey, wenn ich das mit meinen begrenzen Mitteln schaffe, dann könnt Ihr das auch!:
- {1000g Mehl
- 150g einigermaßen triebstarker Sauerteig und
325g Hefewasser}: gut vermischen und etwa eine halbe Stunden stehen lassen.
22g Salz mit etwas Wasser (so 30g) vermischen und gut in den Autolyseteig von oben einarbeiten.
Jetzt kommt es darauf an, wie stark Euer Hefewasser und Sauerteig sind. Bei mir hat es etwa 1,5 Stunden gedauert (jede halbe Stunde den teig kurz ziehen und einfalten, damit er später mehr Stand hat) bis es dann mit der Stückgare weiterging. Der Teig sollte Gärbewegungen zeigen.
Teig kneten und idealerweise in ein Gärkörbchen geben, ca. 1 Stunde, vielleicht auch länger. Mindestens 30 Minuten vor dem Anbacken den Ofen auf mindestens 250 Grad anheizen (mit Backstein oder Topf mit Deckel, falls Ihr habt…).
Wenn der Teig soweit ist (drückt mit dem Daumen liebevoll in den Teig, leibt der Abdruck sichtbar und der Teig gibt nur minimal nach? Dann muss er in den Backofen!):
- 10 Minuten 250 Grad (danach die Backofentür ca. 2 Minuten offenlassen, um Dampf abzulassen).
- 20 Minuten auf 220 Grad
- 25 Minuten auf 200 Grad (bei mir länger, weil der Backofen nix kann)
Wenn Ihr wollt, backt das Novo One mal nach. Da Ihr in der luxuriösen Lage seid, Frischhefe zu kaufen, könnt Ihr statt des Hefewassers auch 3g Frischhefe nehmen. Noch besser wird das Brot, wenn Ihr das Brot vor der Stückgare über Nach in den Kühlschrank legt. Am nächsten Tag das Brot etwa in einer Stunde auf Raumtemperatur kommen lassen und dann weiter mit der Stückgare.
Falls Ihr es nachbackt, schickt mir mal ein Bild!