Reiner Gärtner

This Australian Life

Personal dispatches from down-under..

Reiner

6 Minuten Lesezeit

Start in der Schule

Endlich wieder online. Es hat jetzt doch länger gedauert als ich dachte, aber nun sind wir ein Stückchen weiter im System.

Vor knapp zwei Wochen sind wir in unser Haus in Newcastle eingezogen. Leider funktionierte die Internetverbindung noch nicht so richtig und unser Handy zeigte im Haus ledigich einen Empfangsbalken oder „nur SOS” an. Wir waren also nich gut erreichbar.

Zu Beginn war das ganz angenehm. Wir konnten uns ganz auf uns konzentrieren und die Stadt erkunden. Dazu schreibe ich in einem der nächsten Einträge mehr.

Der wichtigste Meilenstein war allerdings die Einschulung unserer Kinder. Ein paar Tage nach Einzug hatten wir schon die ersten Termine mit den Schulleitern. Die Grundschule – hier „Primary School” genannt – geht von der ersten bis zur sechsten Klasse.

Jewells Primary School

Aufgeregt standen die drei kleinen nebeneinander und wurden von einer Lehrerin mit „High Five, Hände schütteln oder umarmen?” begrüßt. Was glaubt ihr? Vincent und Valentin: High Five; Jolanda: Hände schütteln. Ich wollte umarmen, durfte aber nicht.

Die deutschen Zeugnisse zählen hier natürlich wenig. Die australischen Kinder lernen andere Sachen und außerdem kann ja auch niemand die Zeugnisse lesen. Alle sind sehr bemüht die richtige Klasse für unsere Kinder zu finden. Anders als in Deutschland gibt es feste Schulzeiten.

In der Grundschule fängt die Schule erst um 9:20 Uhr an und hört um 15:20 Uhr auf. Jeden Tag. Die Kinder essen also jeden Tag in der Schule. Einmal um 11:15 Uhr (ein kurzer Snack, der möglichst Obst oder Gemüse sein sollte) und dann um 13:15 Uhr den Rest.

Ich finde diesen Rhythmus ganz angenehm. Denn die Kinder können dann morgens vernünftig ausschlafen und kommen ganz entspannt in die Schule. Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber zumindest in der Grundschule gibt es sehr wenig Hausaufgaben. Das wird alles in der Schule erledigt.

Endlich Schuluniformen

Besonders gespannt waren unsere Kinder auf die Schuluniform. Da gibt es klare Regeln: Die Schuhe müssen schwarz sein (bei Lilia auf der Highschool müssen sie aus Leder sein; in der Primary School dürfen es auch schwarze Turnschuhe sein). Im schuleigenen Uniform Shop kann man allerhand Klamotten kaufen. Das wird schnell teuer: kurze und lange dunkelblaue Hosen, Röcke, Kleider, und Jacken, hellblaue Polos, immer Hüte.

Wer keinen Hut mitbringt, bekommt Ärger. Insgesamt sieht dann ungefähr so aus wie die Ausgeh-Uniform von Manchester City. Pro Woche gibt es einen Sporttag, an dem die Schüler in Sport-Uniform kommen (rotes Polo) – das wäre dann PSG.

Auch Lilia hat nun die ersten Schultage in der Highschool verbracht. Ihre Uniform ist farblich ähnlich kombiniert, also zwischen Hellblau und Dunkelblau.

Da in Australien Ende des Jahres „Term 4” und damit das Schuljahr endet, wurden unsere Kinder zunächst in den Kindergarten (der aber schon so schulisch wie in Klasse 1 abläuft, mit Lesen und Schreiben), Klasse 2 und Klasse 4 sortiert. Lilia wurde in das letzte Term der Klasse 8 (und auch noch in den „A-Stream”, einer Klasse für die lernschnellen Kinder) positioniert. Wenn sie dort bleibt, startet sie dann im nächsten Jahr schon in Klasse 9.

Ich bin mir sicher, dass ich in der nächsten Zeit mehr dazu schreibe, aber das ist mir in den letzten Tagen ausgefallen:

Allgemein

  • Rektoren und Lehrer sind sehr freundlich und hilfsbereit - so wie in Wangen! Wir sind sehr froh, dass es in der Primary School wie in unserer Deuchelrieder Grundschule sehr familiär zugeht. Hier regelt der Rektor nach Schulschluss den Verkehr, damit alle Kinder sicher über die Straße kommen.

  • In der Primary School läuft alles spielerisch ab. Die Kinder bewegen sich viel im Raum (oft sitzen die Kinder auf dem Boden). Einen Stundenplan habe ich noch nicht gesehen, irgendwie fließt das alles zusammen.

  • Computer: Schon in der Primary School werden Computer eingesetzt (Schüler und Lehrer benutzen Computer). Bei Lilia hat jeder seinen eigenen Computer. Stifte und Papier? Fehlanzeige. Die Schüler tippen alles in den Computer.

  • Kein richtiges Handyverbot auf der Highschool: Hier hat natürlich jeder ein Smartphone, das die Schüler auch innerhalb des Schulgeländes benutzen. Während des Unterrichts müssen die Kids das Handy umgedreht auf den Tisch legen. Wenn es klingelt/rappelt, gibt es richtig Ärger (was dann passiert, muss ich noch herausfinden).

  • Benachrichtigungen per SMS: Gestern haben wir eine SMS von der Highschool bekommen. Lilia war acht Minuten zu spät im Unterricht. Sie hatte den Raum nicht gefunden. In der SMS müssen die Eltern erklären, warum ihr Kind zu spät kam.

  • Jolanda: Die macht große Fortschritte, versteht schon einiges. Gleich am zweiten Tag wurde sie von einer Mitschülerin zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Wie die anderen auch, wollen die Mitschüler deutsche Worte lernen (What does big bear mean in German?). Gestern wurde sie vor allen Schülern in der „School Assembly” (das ist eine Art Schulversammlung vor der ersten Stunde) aufgerufen und bekam einen Preis für gute Mitarbeit. Guter Start!

  • Valentin: Auch er hatte einen prima Einstieg. Er hat einen jungen, ruhigen Lehrer und kommt sehr gut mit ihm zurecht. Gestern hat er in der Pause „Footie” gespielt - das ist australisches Football, das mehr in Richtung Rugby geht. Fand er erstaunlich gut. Der SV Deuchelried kann sich also auf einen knochenharten Verteidiger freuen (so richtig kann ich es mir aber noch nicht vorstellen). Sprachlich kommt er gut mit und insgesamt wurde er in der deutschen Schule bestens vorbereitet.

  • Vincent: Seine ältere Lehrerin will ihm bald das Surfen beibringen. Im Gegenzug soll er den Jungs aus der Klassse Soccer-Skills zeigen. Bei ihm läuft es auch gut. Zwar spielen die Jungs in der Klasse auch eher Footie, aber ein paar Klassenkameraden sind auf ihn zugekommen, um ihn zu einem Fußball-Verein zu locken. Hier in Australien ist Fußball anscheinend ein „Wintersport”, der im Sommer nicht so richtig gespielt wird. Keine Ahnung, ob das stimmt. Was macht man im Sommer? Stundenlang reglos auf einem Cricket-Felf herumstehen? Dann doch lieber Surfen!

  • Lilia: Da die Schüler in Australien höchstens noch eine weitere Sprache lernen, ist das noch eine große Frage, wie es mit Latein weitergeht. Der Schuldirektor versucht gerade ein „Home Tuition”-Programm für Lilia zu organisieren. In der Zwischenzeit lernt sie japanisch! Der Rektor wettet darauf, dass Lilia in einem halben Jahr mindestens so gut japanisch kann wie die Mitschüler. Bin gespannt! Vieles wird sich hier ergeben. Die Schule ist stolz auf ihre musikalischen Aktivitäten und bietet ziemlich viele „Elect”-Aktivitäten: von Skateboard-Grafitty, Surfen, Trampolinspringen bis hin zu „Bubble Soccer”.

    Letztens kam ein Mitschüler auf sie zu und wollte ein deutsches Schimpfwort lernen. Lilia sagte „Pastinake”. Jetzt läuft ein besonders cooler australischer Junge durch die Schule und ruft „Bloody Paastinakie”…

Nach vier Schultagen lässt sich noch nicht so viel sagen. Aber zumindest freuen sich unsere Kinder auf die Schule und kommen sogar strahlend wieder raus. Das ist schon mal sehr viel! Ab Freitag starten schon wieder die Ferien, bevor es dann mit Term 4 weitergeht.

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